Wenn Menschen ertrinken, dann geraten sie in Panik und fangen an, um sich zu schlagen. Panische Angst verstärkt den Greifreflex: Wir wollen uns an irgendetwas festhalten – so ist es auch in der Corona-Krise. Wie aber kann man sich an einem Gott festhalten, den man nicht sieht und nicht greifen kann? Da ist es doch besser, sich ein modernes „goldenes Kalb“ (2. Mose 32, 1-8) zu gießen und dieses dann anzubeten…
Der Mensch geht doch insgeheim davon aus, die wesentlichen Elemente seines Lebens schon irgendwie unter Kontrolle zu haben. Doch stimmt das eigentlich? Haben wir diese Kontrolle wirklich? Und was wäre, wenn nicht?
Bereits als Kind hat Volker Halfmann Zwangsgedanken, neigt zu Depressionen. Eigentlich menschenscheu, ergreift er den Beruf des Pastors und übt ihn auch einige Jahre erfolgreich aus. Doch kaum einer ahnt, dass der wortgewandte Prediger immer weiter abrutscht: Alkohol, Tabletten, Ängste, eine Essstörung, Selbstmordgedanken. Er landet in der Klinik. Mühsam arbeitet er sich ins Leben zurück, macht eine Umschulung. Es folgt der Rückfall. Ein erneuter Psychiatrieaufenthalt. Die Welt um ihn herum zerbricht. Heute ist er Pastor in seiner alten Gemeinde. Mit einigen Themen wird er sein Leben lang zu kämpfen haben. Aber er weiß: zerbrochen und angeschlagen – Gott kann ihn gebrauchen.
Das Buch wurde auch in der Sendung GeistReich bei ERF Pop vorgestellt. Die Beiträge findet Ihr hier:
Aus dem Vorwort von Ulrich Eggers, Geschäftsführer und Verleger der SCM Verlagsgruppe, Herausgeber der Zeitschrift AUFATMEN:
„Ich freue mich sehr an diesem Buch und an Volkers Mut, so offen mit seiner Gottes-, Glaubens- und Lebensgeschichte umzugehen. Ich bin überzeugt: Von solchen grundehrlichen Berichten lernen wir Entscheidendes über das Wesen Gottes und die krassen Herausforderungen, Freuden und Abstürze des Lebens.“
Das Buch ist im Verlag SCM R.Brockhaus erschienen und seit März 2019 erhältlich.
Vor Jahren war ich auf einem Seminar für Verlobte. Da stand eine junge Frau auf und betonte: „Mein Verlobter und ich, wir haben uns in unserer einjährigen Verlobungszeit noch nie gestritten.“ Worauf der Referent besorgt antwortete: „Das tut mir Leid, denn dann habt Ihr ein ernsthaftes Problem!“
Und wenn mir heute jemand sagt: „Ich bin jetzt schon seit vielen Jahren Christ, habe aber noch niemals Zweifel gehabt“, dann würde ich ihm exakt dasselbe antworten: „Das tut mir Leid, denn dann hast Du ein ernsthaftes Problem!“
Den Wert der Gesundheit erkennst Du erst durch die Schmerzen der Krankheit.
Der Zauber des Lichts entfaltet sich nur in der Dunkelheit (einzigartig zu erleben im Gasometer Oberhausen).
Oder etwas profaner formuliert: Würde der FC Bayern in dieser Saison wieder Deutscher Fußballmeister werden, dann wäre das nichts Besonderes mehr. Sollte aber der VfL Bochum jemals Meister werden, dann wäre das eine (noch nie dagewesene) Sensation.
Unser Leben besteht aus zahlreichen Gegensätzen und ohne diese Gegensätze wäre alles gleich gültig und damit gleichgültig. Das Leben wäre so spannend wie eine Bundesstraße in Norddeutschland: keine Höhen und Tiefen, keine Kurven und als Aussicht gibt’s immer nur Felder, Felder und noch mal Felder. Auf einer solchen Straße kämpfst Du schon nach fünf Minuten gegen den Schlaf.
Darum gehören Zweifel zum Glauben dazu! Sie sind gewissermaßen der dunkle Hintergrund, vor dem sich der Glaube als ein einzigartiges Geschenk entfaltet.
In 2. Kor. 4, Vers 6 schreibt Paulus: „Gott, der sprach: >>Aus der Dunkelheit soll das Licht hervorleuchten!<<, der hat es in unseren Herzen hell werden lassen.“
Doch dieses Licht strahlt nicht immer gleichmäßig. Es gibt auch Zeiten, in denen sich die alte Dunkelheit im Herzen breit machen will.
So jedenfalls erlebe ich das:
„Du bist die Hilfe, die nie zu spät kommt“ ist eine Liedzeile, die ich bis heute nicht mitsinge. Denn ich kenne Menschen, für die jede Hilfe zu spät kam (zumindest aus meiner irdischen Perspektive, die ich nun einmal habe).
Manchmal frage ich mich mit Forrest Gump, ob ich vielleicht doch nur wie ein Blatt im Wind bin, das mal hierhin- mal dorthin gewirbelt wird. Vielleicht aber hat ja auch die Mutter von Forrest Gump recht, die immer gesagt hat: „Wenn Gott vor Dir eine Tür zuschlägt, dann macht er gleichzeitig eine andere für Dich auf“. Oder stimmt etwa beides gleichzeitig?
Ich kann Asaf gut verstehen, der in Psalm 73 betet: „Ich aber wäre fast zu Fall gekommen. Beinahe hätte ich den Boden unter den Füßen verloren. Denn ich habe die stolzen Menschen beneidet, als ich sah, wie gut es ihnen trotz ihrer Bosheit ging“ (Verse 2-3).
Und ich fühle mit Thomas mit, von dem es im Evangelium nach Johannes heißt: „Thomas war nicht dabei, als Jesus (als der Auferstandene) kam. Die übrigen Jünger erzählten ihm: >>Wir haben den Herrn gesehen!<< Doch er erwiderte: >>Das glaube ich nicht, es sei denn, ich sehe die Wunden von den Nägeln in seinen Händen, berühre sie mit meinen Fingern und lege meine Hand in die Wunde an seiner Seite.<< (Joh.20, 24-25).
Diese Zweifel sind nicht immer da. Aber von Zeit zu Zeit krabbeln sie aus ihren Verstecken, um mir zuzusetzen – je nachdem, was ich gerade erlebt habe.
Früher habe ich mich meiner Zweifel geschämt. „Als Christ darf man nicht zweifeln!“. Wörtlich gesagt hat das vielleicht niemand, aber ausgestrahlt haben das manche.
Heute weiß ich: Gerade vor dem Hintergrund meiner Zweifel wird das Geschenk des Glaubens umso wertvoller!
Ich glaube eben nicht, weil alles so eindeutig dafür spricht, dass ich gar nicht anders kann.
Sondern ich glaube trotz- und mit allen Fragen und Zweifeln, die neben allen Argumenten für den Glauben und allen positiven Glaubenserfahrungen eben auch da sind.
Es gibt Zeiten, in denen ich nur so strotze vor Glaubenskraft. Da wundere ich mich dann ernsthaft, warum es in dieser Welt überhaupt noch Atheisten oder Zweifler gibt.
Ich kenne aber auch andere Zeiten: Phasen, in denen mein Glaube stark ins Wanken gerät. Zeiten, in denen ich mit Gott ringe und doch nicht von ihm loskomme.
In solchen Zeiten halte ich mich an Asaf, der in Psalm 73 betet: „Dennoch bleibe ich stets bei Dir, denn Du hast meine rechte Hand gefasst“ (Vers 23).
Denn wie könnte ich jemals den Gott loslassen, der mich in seiner Liebe ergriffen hat?
Kurzum: Ohne Zweifel wäre der Glaube kein Vertrauen, sondern das eindeutige und zweifelsfreie Ergebnis einer empirischen Untersuchung. Einmal vorgelegt würde sie jeden überzeugen, der noch klar bei Verstand ist.
Aber in- und mit allen Zweifeln ist der Glaube ein Ergriffensein von dem, der mich durch seinen Geist ergriffen hat. Er ist ein einzigartiges, wunderbares, hell strahlendes Geschenk inmitten der Dunkelheit. (Dass der Glaube ein Geschenk ist, findet sich wörtlich in Philipper 1, Vers 29).
Zurück zu den Gegensätzen:
Die Freude braucht die Trauer, um Freude sein zu können.
Die Tatkraft braucht die Müdigkeit, um Tatkraft sein zu können.
Der Erfolg braucht zahlreiche Misserfolge, um noch gefeiert zu werden (wie beim VfL Bochum).
Und das Licht braucht die Finsternis, um strahlen zu können.
Genauso braucht der Glaube den Zweifel, um nicht zu einer Schlussfolgerung zu verkommen.
Wenn Babys geboren werden, dann bringen sie einige Reflexe mit, die ihnen das Überleben sichern sollen. Zu diesen gehört neben dem Schlucken und Saugen auch der Greifreflex. Übt man etwas Druck auf ihre Handinnenfläche aus, so greifen ihre klitzekleinen Fingerchen zu und klammern sich fest.
Angesichts ihrer eigenen Schutzlosigkeit und Abhängigkeit bringen Neugeborene also die Fähigkeit mit, sich dort festzuklammern, wo es für sie Halt und Sicherheit gibt.
Ich bin fest davon überzeugt: Nicht nur unser Körper bringt solch einen Greifreflex mit, sondern auch unsere Seele.
Denn angesichts einer Vielzahl von unbeantworteten existentiellen Fragen sind wir in unserer Seele ebenso schutzlos und abhängig wie ein Baby, und seien wir auch noch so alt: „Was ist der Sinn meines Lebens? Hat das alles überhaupt einen Sinn? Bin ich ein Zufallsprodukt? Hat mein Leben ein Ziel? Wo finde ich ein tragendes Fundament angesichts von Schmerzen und Leiden? Was wird am Ende wirklich zählen? Was kommt nach dem Tod? Wie kann Schuld gesühnt werden? Und gibt es Vergebung für meine Schuld? Wer sagt uns eigentlich, was gut und richtig ist? Woher kommt das Böse in der Welt?“
Solche Fragen werden nicht immer ausgesprochen, aber sie sind da, treiben uns um, verunsichern und ängstigen. Und angesichts dieser Hilflosigkeit hat die Seele einen Greifreflex entwickelt. Sie klammert sich (oft unbewusst) an etwas fest, was ihr den erhofften Sinn und Halt geben soll.
Manchmal klammert sich unsere Seele an den Partner: „Du sollst der Sinn meines Lebens sein.“ Doch der Partner ist mit diesem Anspruch überfordert und erstickt darunter. Die Beziehung zerbricht.
Ein anderes Mal klammert sie sich an das gerade vorherrschende Schönheitsideal und an das Streben nach körperlicher Kraft, Fitness und Unversehrtheit. Das kann einige Jahre gut gehen. Doch es kommt die Zeit, in der sie die Erfahrung macht, dass Alter und Krankheit sich nicht aufhalten lassen.
In anderen Phasen unseres Lebens klammert sich die Seele an den Beifall und die Anerkennung anderer Menschen. Bis sie schließlich schmerzlich erkennen muss, dass Anerkennung nur ein Abglanz von dem ist, was Liebe zu geben vermag: Anerkennung erfährst du für das, was du tust. Liebe aber liebt dich, weil du bist!
Sehr gerne klammert sich unsere Seele an materiellen Besitz. Denn er vermittelt uns das Gefühl, abgesichert und versorgt zu sein. Und oft wird gerade dieser Klammergriff zu einem Krampf, der sich kaum noch lösen lässt. Menschen, die bereits viel haben, wollen immer noch mehr. Auf dem Sterbebett lassen sie dann alles zurück (sie vererben ihr Vermögen den Kindern, die sich wiederum daran klammern).
Christus hat diesen Greifreflex der Seele einmal so beschrieben (im Evangelium nach Matthäus, Kapitel 4, Vers 4): „Der Mensch lebt nicht vom Brot allein!“
Das Irdische reicht ihm nicht, um zu leben. Reichtum und Besitz, körperliche Kraft und Fitness, Erfolg und Anerkennung – das alles kann seiner Seele nicht den erhofften Halt geben. Es stellt sich kein innerer Friede ein.
Woran aber soll sich die Seele klammern? Wen oder was könnte sie ergreifen? Wovon lebt denn der Mensch, wenn nicht „vom Brot alleine“?
Noch einmal Christus (in Mt.4, 4): „In Wirklichkeit ist er ganz abhängig davon, dass Gott sein lebendig machendes Wort ausspricht.“
Das größte und herrlichste Geschenk, das einem Menschen jemals widerfahren kann, ist nicht der Traumpartner, nicht der Nobelpreis, nicht der Lottogewinn und nicht einmal jahrelange körperliche Unversehrtheit (zweifelsohne ein hohes Gut).
Das größte und herrlichste Geschenk, das einem Menschen jemals widerfahren kann ist, vom Wort Gottes in der eigenen Seele berührt zu werden.
Gott berührt dich mit seinem Wort und deine Seele greift zu. Sie klammert sich an Christus, den Sohn Gottes: gestorben und auferstanden, um dich mit Gott zu versöhnen!
Versöhnt mit Gott kommt die Seele zur Ruhe. Verbunden mit Christus lösen sich die zahlreichen anderen Klammergriffe. Das Leben beginnt, sich mit Leben zu füllen! Eine nie gekannte innere Freiheit entsteht:
Freiheit von den unrealistischen Erwartungen an den Partner, Freiheit von der Anerkennung und den Beifall anderer Menschen, Freiheit vom Streben nach materiellem Besitz, Freiheit vom Ideal körperlicher Unversehrtheit, Freiheit von stofflichen und nichtstofflichen Süchten, Freiheit von Kontrollzwängen und der Illusion, das eigene Schicksal in der Hand zu halten.
Du wirst frei, um zu leben, frei um zu loben, frei um zu lieben!
Das Wort Gottes ist eine unvergleichliche einzigartige Kraft. Es führt hinein in eine Lebensdimension, die sich niemals verbraucht, die ewig hält und trägt.
„Wen der Sohn Gottes frei macht, der ist wirklich frei!“ (Johannes 8, Vers 36)
„Wer von dem Wasser trinkt, das ich ihm gebe, wird bis in die Ewigkeit hinein nie mehr von Durst gequält werden. Das Wasser, das ich ihm gebe, wird in ihm zu einer Quelle werden, die immer weiter sprudelt, bis in das unbegrenzte, ewige Leben hinein.“ (Johannes 4, Vers 14)
In seiner ersten Phase ist der Glaube oft naiv: Kritische Aspekte werden einfach ausgeblendet – alles ist „schwarz-weiß“.
Dann kommen die ersten Krisen und der Glaube wird sehr kompliziert.
Viele Christen bleiben in dieser zweiten Phase stecken: Sie haben ihren naiven Kinderglauben längst verloren. Manche von ihnen sind zynisch und abgebrüht.
Doch da gibt es noch eine dritte Phase: Der einfältige Glaube.
Der einfältige Glaube blendet die Probleme nicht aus, schafft es aber dennoch, kindlich zu vertrauen. Dieser Glaube ist es, der Berge versetzen kann.
Kranke Ehen gibt es viele – vermutlich kennt jeder eine.
Da gibt es die Ehe als Wohngemeinschaft (man geht sich aus dem Weg), die Ehe als Guerillakrieg (man macht sich gegenseitig fertig) und die Ein-Personen-Ehe (ein Partner dominiert den anderen).
Wie aber sieht eine gesunde Ehe aus? Darüber sollte man sich als Ehepaar ein paar Gedanken machen, ehe es zu spät ist!