Ehemann, Vater, Gotteskind, liebevoller Chaot, Musiker, Buchautor, Fan von ProgRock und den Würzburger Kickers, Pastor, Suchtberater beim Blauen Kreuz, Jesus-Schüler mit Sprung in der Schüssel ...
Was sollen wir tun, wenn unser Glaubensbekenntnis und unsere Erfahrung im Alltag wie eine Schere auseinanderklaffen? Müsste da nicht viel mehr Auferstehung in unser Leben, damit die Osterbotschaft glaubhaft wird?
Der Mensch geht doch insgeheim davon aus, die wesentlichen Elemente seines Lebens schon irgendwie unter Kontrolle zu haben. Doch stimmt das eigentlich? Haben wir diese Kontrolle wirklich? Und was wäre, wenn nicht?
Wieso schämen wir uns eigentlich? Wozu gibt es die Scham und wie ist sie entstanden? Und wie ist sie zu bewerten? Ist Scham immer positiv oder gibt es sie auch in einer lebensvernichtenden Variante? Wie lässt sich falsche Scham überwinden?
Aufgrund einiger Rückmeldungen habe ich das am stärksten verletzende Wort nun endlich aus diesem Text genommen und es durch eine weniger lieblose Formulierung ersetzt. Es bringt nichts, wenn man eigene Verletzungen dadurch aufarbeiten will, dass man nun selber damit anfängt, andere zu verletzen. So, wie es jetzt formuliert ist, passt es für mich. Denn immerhin handelt dieser Text von Menschen, die Trost gesucht haben – aber Belehrung fanden. Und das tut einfach verdammt weh. Insofern drücken diese Zeilen für mich das aus, was man empfindet, wenn man unmittelbar nach einer solchen Enttäuschung wieder nach Hause schleicht:
Mathe ist ein Rätsel - doch du bist auch nicht besser, du Seelenfresser und Liebesvergesser. Ich hab doch tatsächlich gedacht, es macht dir was aus, wenn ich berichte, meine Geschichte vom tobenden Sturm in der Seele, wie ich mich quäle zum Licht und es doch verfehle. Ich bin wie eine Quittung, die niemand mehr braucht, zerknüllt und in den Matsch geworfen. Die Seele gestaucht, den Sinn verloren, verfluchend den Tag, an dem ich geboren.
Ich habe Halt gesucht, ein offenes Ohr, ein fühlendes Herz - ist das denn so schwer? Ich begehr ja nicht mehr, als dass du mich stützt, nur für ein paar Stunden, bis das Grauen vergeht. "Verflucht ist der Mensch, der sich auf Menschen verlässt". Und doch konnte ich nicht glauben, dass es nicht nützt, zu hoffen, dass da einer ist, der versteht.
Du hast mich einfach fort geschoben, mich verprügelt mit deinem besseren Wissen: "Was jetzt zählt, ist die Tat: beflissen zu glauben und sich nicht zu beschweren. Der Teufel will dir die Hoffnung rauben, dagegen musst du dich wehren. Steh endlich auf, anstatt hier zu jammern, reiß dich zusammen und fang an zu beten!"
Du hast meine Hoffnung mit Füßen getreten, hast mich auf Abstand gehalten mit deiner Predigt: ein frommer Spruch - und schon schien alles erledigt. Vielleicht gehörst du zu denen, die ihr Heil verwalten in Regalen voller klugen Sprüchen, die nichts wissen von Rissen und Brüchen. Wer selbst keinen Halt hat, der kann andre nicht halten!
Mathe ist ein Rätsel - doch Mathe kann man lernen. Dich aber in deinen frommen Sphären werde ich wohl nie verstehn. Inzwischen weiß ich: Es war ein Fehler bei dir Halt zu begehrn, denn du hast es nie gesehn, das Grauen der Nacht. Dir fehlt die Erfahrung, die barmherzig macht!
Bereits als Kind hat Volker Halfmann Zwangsgedanken, neigt zu Depressionen. Eigentlich menschenscheu, ergreift er den Beruf des Pastors und übt ihn auch einige Jahre erfolgreich aus. Doch kaum einer ahnt, dass der wortgewandte Prediger immer weiter abrutscht: Alkohol, Tabletten, Ängste, eine Essstörung, Selbstmordgedanken. Er landet in der Klinik. Mühsam arbeitet er sich ins Leben zurück, macht eine Umschulung. Es folgt der Rückfall. Ein erneuter Psychiatrieaufenthalt. Die Welt um ihn herum zerbricht. Heute ist er Pastor in seiner alten Gemeinde. Mit einigen Themen wird er sein Leben lang zu kämpfen haben. Aber er weiß: zerbrochen und angeschlagen – Gott kann ihn gebrauchen.
Das Buch wurde auch in der Sendung GeistReich bei ERF Pop vorgestellt. Die Beiträge findet Ihr hier:
Aus dem Vorwort von Ulrich Eggers, Geschäftsführer und Verleger der SCM Verlagsgruppe, Herausgeber der Zeitschrift AUFATMEN:
„Ich freue mich sehr an diesem Buch und an Volkers Mut, so offen mit seiner Gottes-, Glaubens- und Lebensgeschichte umzugehen. Ich bin überzeugt: Von solchen grundehrlichen Berichten lernen wir Entscheidendes über das Wesen Gottes und die krassen Herausforderungen, Freuden und Abstürze des Lebens.“
Das Buch ist im Verlag SCM R.Brockhaus erschienen und seit März 2019 erhältlich.
Man sieht meiner Gesprächspartnerin ihren Lebenswandel in den letzten zwanzig Jahren deutlich an: schwerste chronische Alkoholabhängigkeit, Bulimie, mehrfache Aufenthalte in der Psychiatrie, Wohnungsräumung und zwischenzeitliche Obdachlosigkeit, inzwischen deutliche körperliche Schädigungen an mehreren Organen. Irgendwie kommen wir auch über ihre Erfahrungen mit dem christlichen Glauben und mit der Kirche ins Gespräch. Sie meint, sie habe vor ein paar Jahren einige Kirchen besucht (vor allem auch einzelne Freikirchen), und das sei gar nicht so schlecht gewesen: „Die Leute dort sind sehr freundlich und zugewandt – solange man sich ihnen anpasst!“ Nun will ich diesen Satz meiner Gesprächspartnerin nicht auf die Goldwaage legen, doch einfach übergehen kann ich ihn auch nicht. Denn wenn das stimmt, wenn wir in unseren kirchlichen Gruppen und Gemeinschaften nur dann offen und zugewandt zu den Menschen sind, wenn sie unseren Erwartungen entsprechen (wenn sie also jetzt schon so leben wie wir meinen, dass sie leben sollten), dann haben wir ein riesiges Problem. Dann handeln wir nicht mehr so, wie Jesus Christus, unser Herr, handeln würde!
Auf der Rückfahrt von diesem Besuch denke ich mir: „Vielleicht müsste man eine Kirche speziell für die unteren Zehntausend gründen, also gerade für die, denen bereits auf dem Parkplatz vor der Kirche schwindelig wird, wenn sie unsere gehobenen Mittelklasse-Autos sehen.“ Aber wäre das die Lösung? Ich bin mir da nicht sicher. Viel besser wäre es vermutlich, wenn Kirche die Kraft hätte, alle zu integrieren, die Erfolgreichen ebenso wie die Gestrandeten. Nur kenne ich bislang kaum eine kirchliche Gemeinschaft, bei der das wirklich funktioniert. Und ich frage mich: Warum ist das nicht möglich? Schließlich hat Jesus immer wieder betont, dass er für die Kranken gekommen ist und nicht für die Gesunden! Und er hat dies nicht nur betont, sondern vor allem auch gelebt – er hat es uns vorgelebt.
Bis heute habe ich keine Antwort darauf. Aber vielleicht ist das ja auch okay: wenn ein Pastor nicht immer die fertigen Lösungen und perfekten Antworten hat, sondern eben auch einige ungelöste Fragen. Und wenn Sie eine Antwort haben, dann dürfen Sie mir gerne schreiben. Jedenfalls sollten wir uns nicht damit abfinden, wenn unsere Kirchengemeinden und Gemeinschaften eine ganze Bevölkerungsgruppe nicht mehr erreichen. Denn auch diesen Menschen gilt doch die Einladung von Jesus: „Ich bin gekommen, um euch das Leben zu geben – Leben im Überfluss.“ Vielleicht darf man sogar sagen: Gerade ihnen gilt diese Einladung. Und die Kirche sollte der Ort sein, wo dies erfahrbar wird.
Matthäus 25, 14-30: Das Gleichnis von den anvertrauten Geldmünzen
Wie kommt es eigentlich, dass Christen ihre Gaben vergraben, anstatt sie zum Bau des Reiches Gottes einzusetzen? Was hindert sie daran, sich mit ihren Möglichkeiten einzubringen?